Schulvermeidendes Verhalten

Die Ursachen für schulvermeidendes Verhalten sind vielfältig: Mobbing und daraus resultierende  Schulangst, Über- und Unterforderung, emotionale Störungen mit sozialen Ängsten und mangelnder Sozialkompetenz, schwierige Familienkonstellationen,  innere Verstrickungen, Drogenprobleme und vieles mehr.

Wenn Kinder und Jugendliche nicht mehr in die Schule gehen, ist dieses Symptom ein Signal, welches nicht nur gehört sondern auch verstanden werden muss. Die Schulvermeidung selbst hat  dramatische Konsequenzen für die weitere Entwicklung eines Kindes oder eines Jugendlichen: Nicht nur das Lernen von Schulstoff fällt weg sondern auch der soziale Alltag im Freundeskreis und die Teilhabe an der Peergroup. Schulvermeidung ist nicht nur Ausdruck einer inneren Not sondern führt auch über einen „circulus vitiosus“ zu zunehmender Isolation, mangelnder Sozialkompetenz und psychischer oder sozialer Fehlentwicklung.

Der Zeitraum vom Beginn der Problematik bis zum Einsetzen angemessener Hilfen dauert im Durchschnitt mehr als ein Jahr. Oft liegt dies daran, dass unklar ist, wer überhaupt zuständig ist: Schule, Jugendamt oder das psychologische Feld (Krankenkasse). Wenn dann nichts passiert, bedeutet diese Zeit: verpasste Entwicklungschancen,  Chronifizierung und Verschlimmerung des Problems. Sie zu verkürzen, ist das Ziel unseres Projekts: Wir leisten eine Anschubfinanzierung für eine niedrigschwellige, multidisziplinäre Anlaufstelle, wo geschulte Lehrer, Psychologen und Kinderpsychiater dem Problem auf den Grund gehen und Lösungsansätze mit den Kindern, Jugendlichen, Familien und Schulen erarbeiten können.

Beratungsstelle Schulvermeidendes Verhalten- Freiburg

Interdisziplinäres Angebot
Klinik für Psychiatrie, Psychotherapie und Psychosomatik im Kinder- und Jugendalter am Universitätsklinikum Freiburg (KJP Freiburg)
Komm. Ärztlicher Direktor: Prof. Dr. Christian Fleischhaker
und des
Sonderpädagogischen Bildungs- und Beratungszentrums für Schüler*innen in längerer Krankenhausbehandlung (SBBZ SILK) – Klinikschule Freiburg

1 Zielgruppe

Das Angebot der Beratungsstelle richtet sich an Kinder und Jugendliche und deren Familien (Klienten) aus Freiburg und Umgebung, wenn…

  • sie die Schule nicht mehr oder unregelmäßig besuchen
  • der Verdacht besteht, dass für die Schulvermeidung eine psychische Störung ursächlich sein könnte.
2 Zielsetzung

Übergeordnetes Ziel des Angebots der BSV Freiburg ist die schnellstmögliche Normalisierung des Schulbesuchs.

Erreicht werden soll dies durch ein niederschwelliges interdisziplinäres Angebot, mit der Zielsetzung differenzierte Aussagen über Ursachen des Schulabsentismus zu treffen.

Auf dieser Basis erarbeitet das interdisziplinäre Team mit den Klienten eine Übersicht über benötigte Hilfen und bietet bei Bedarf darüber hinaus differenziertere Diagnostik, sowie Beratung und Unterstützung im Kontext Schule an.

3 Wege zur BSV

Über zwei Wege können Anfragen an die BSV gestellt werden:

3.1 Anfrage über Psychiatrische Institutsambulanz- Kurzvorstellung

Ergeben sich bei der Kurzvorstellung in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) Hinweise auf Schulabsentismus, besteht die Möglichkeit an die BSV zu verweisen.

Für eine Anmeldung bedarf es in diesem Falle die Anfrage auf Einbeziehung des Sonderpädagogischen Dienstes. Die Sorgeberechtigten werden durch die Mitarbeiter der PIA beim Anmeldeprozess unterstützt, in dem sie die nötigen Unterlagen erhalten.

3.2 Anfrage über das Schulamt

Über das Schulamt werden Anfragen, die dort aufgrund eines Schulabsentismus eingehen, bei Verdacht einer psychischen Ursache an Frau Schley weitergeleitet, die eine Passung für die BSV prüft.

4 Team

Das Beratungsteam der BSV besteht aus einer Sonderpädagog*in des SBBZ SILK, Klinikschule Freiburg und einer Psycholog*in der KJP Freiburg. Finanziell wird das Pilotprojekt der BSV unterstützt durch die Freiburger Vereinigung zur Hilfe für psychisch kranke Kinder und Jugendliche e. V. Die Mitarbeiter*innen (MA) unterliegen der Schweigepflicht.

5 Angebot

Die BSV bietet ein Screeninggespräch mit anschließender Beratung über mögliche Unterstützung an. Das Beratungsgespräch erfolgt in den Räumlichkeiten der Klinikschule.

Inhalte und Verlauf des Beratungsgesprächs
Das Gespräch umfasst insgesamt 90 Minuten und beinhaltet:

  • 50 Minuten Erstgespräch- im Sinne eines Interviews zur Erfassung relevanter Informationen
  • 10 Minuten Austausch/ Beratung der Sonderpädagog*in und Psycholog*in über den Bedarf und weitere Vorgehensweise
  • 30 Minuten Rückmeldung der Einschätzung an die Klienten, sowie Beratung der Klienten über Möglichkeiten weitere Vorgehensweise

Im Anschluss an das Erstgespräch eröffnen sich mehrere Wege für die weitere Vorgehensweise im Umgang mit Schulabsentismus. Im Erstgespräch wird versucht Schwerpunkte der weiteren Hilfe zu definieren. Die BSV unterscheidet drei Schwerpunktbereiche:

  • Psychiatrische Abklärung
  • Bereich Jugendhilfe
  • Sonderpädagogische Beratung und Unterstützung
6 Beschreibung der Schwerpunktbereiche
6.1 Schwerpunkt psychiatrische Abklärung

Sollten sich im Rahmen des Erstgesprächs Hinweise darauf ergeben, dass eine psychiatrische Auffälligkeit ursächlich für den Schulabsentismus sein könnte, besteht das Angebot im nächsten Schritt eine psychiatrische Abklärung in der Psychiatrischen Institutsambulanz (PIA) der Kinder- und Jugendpsychiatrie Freiburg durchzuführen. Diese erfolgt durch die psychologische Mitarbeiterin der BSV, weshalb zeitnah entsprechende Termine zur Diagnostik und Beratung durchgeführt werden können. Anschließend erfolgen Empfehlungen zur weiteren Vorgehensweise.

6.2 Schwerpunkt Jugendhilfsmaßnahmen

Vermuten die Mitarbeiter*innen der BSV den Schwerpunkt der Unterstützung im Bereich Jugendhilfe, werden die Sorgeberechtigten an die entsprechenden Stellen des Jugendamtes verwiesen. Dort können sie gemeinsam mit den dortigen Ansprechpartner*innen geeignete Maßnahmen planen.

Fragestellung für diesen Bereich könnte sein:

  • Bedarf es einer Unterstützung der Familie, des Kindes/ Jugendlichen?
  • Wenn ja, in welcher Form?

Die Entscheidung und Hilfeplanung obliegt der Institution Jugendamt und kann lediglich als Ansprechpartner durch die BSV empfohlen werden.

Bei Bedarf kann unter der Voraussetzung der Schweigepflichtentbindung ein telefonischer Austausch zwischen den Mitarbeitern*innen der BSV und den Sachbearbeiter*innen des Jugendamts erfolgen. Bei komplexeren Fragestellungen ist auch eine gemeinsame Helferrunde vorstellbar.

6.3 Schwerpunkt sonderpädagogische Beratung

Zielsetzung der Sonderpädagogischen Beratung und Unterstützung ist es gemeinsam mit den Klienten, der zuständigen Schule, sowie weiterer an der Unterstützung Beteiligter so konkret wie möglich die gewonnenen Erkenntnisse für eine Rückkehr zur Normalisierung des Schulbesuchs zu nutzen.

Hierzu wird in kooperativer Zusammenarbeit ein Förderplan erstellt.

Vorgehensweise:

  • Informationen aus dem Bereich Schule, der BSV, sowie ggf. der Diagnostik werden gesammelt
  • Hypothesen über mögliche aufrechterhaltende Faktoren im Kontext Schule werden gebildet
  • Stärken und Ressourcen des Schülers/ der Schülerin werden benannt
  • Entwicklungsaufgaben und Übungsfelder in Bezug auf Schulbesuch des Schülers / der Schülerin werden erarbeitet
  • Gemeinsam mit allen Beteiligten wird überlegt, welche Maßnahmen und kleinen Schritte im schulischen Kontext hilfreich sein können, so dass ein Schulbesuch gelingen kann
  • Bei Bedarf werden die getroffenen Vereinbarungen in regelmäßigen Abständen evaluiert und ggf. angepasst

Patientenübersicht Zeitraum Juni 2020 bis März 2021:

Patientenanzahl gesamt 19
Anzahl notwendiger Termine in PIA nach Beratungsgespräch zwischen 1 und 20
Diagnosen Depression, Soziale Phobie, Trennungsangst, Asperger-Syndrom, AD(H)S, PTBS, Panikstörung
Verlauf nach BSV von psychiatrischer Seite · Anbindung ambulante Psychotherapie (8 Pat.)
· Einleitung stationäre Behandlung (7 Pat.)
· Beratungsgespräch ausreichend (4 Pat.)

(Mitte November bis Ende Dezember2020 musste die BSV von schulischer Seite aufgrund der Corona-Verordnung bzgl. Besprechungen pausieren.)